Unterwegs im Werksviertel

26. März 2021

von Petra Wucher

Die Freiluft-Galerie im Münchner Werksviertel

Kunstgenuss – ganz spontan. Den erlebst du bei einem Bummel durch das derzeit entstehende Münchner Werksviertel hinter dem Ostbahnhof. Immer wieder zieht es mich auf die Baustelle mit den unzähligen Graffiti. Du solltest nichts verpassen und losziehen, das neue Stadtquartier und vor allem seine Street-Art selbst zu erkunden.

Knödelfabrik, Kunstpark und neues kreatives Stadtquartier

Früher hatten Pfanni, Zündapp, Konen und Optimol auf dem Gelände ihre Produktionsstätten. Nach ihrem Weggang eroberte das Münchner Partyvolk das Areal – zunächst mit dem Kunstpark Ost, später mit der Kultfabrik und dem Optimolgelände. Inzwischen wird hier das Werksviertel mit Wohnungen, Gewerbe, Ateliers, Gastronomie und das neue Konzerthaus des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks errichtet. 

An die alten Fabriken erinnern die Namen der Häuser – von Werk 1 mit den vielen Start-up-Unternehmen bis zum Werk 12. Hoch oben auf dem begrünten Dach von Werk 3 grasen Schafe, die du nur vom Riesenrad „Umadum“ aus sehen kannst. Das steht derzeit wie so vieles andere still. Im Erdgeschoss des Hauses wird demnächst eine kleine Ausstellung über das neue Viertel eröffnen. Von außen kann man jetzt schon einen Blick auf die Pläne und Bilder werfen. 

Ich starte in der Atelierstraße beim Container Collective. Von dort gehe ich über den Knödelplatz und durch die Speicherstraße Richtung Werk 9. Da die Baustelle voll in Aktion ist, ist der Weg beim Werk 9 manchmal versperrt: Dann muss ich halt ein paar Umwege gehen. Kein Problem. Denn so verlasse ich die alten Pfade und entdecke dabei immer wieder Neues. 

Werksviertel München Graffiti März 21

Lesie Frauenpower

Die Graffiti-Projekte im Werksviertel koordiniert zumeist der Street-Artist Loomit (http://www.loomit.de). Berühmt wurde er 1985, als er mit seinen Freunden erstmals einen kompletten S-Bahn-Zug gesprayt hat. 

Loomit hat beste Verbindungen zur internationalen Sprayer-Szene. Deshalb kannst Du hier viele Werke von internationalen Künstlern entdecken. Zum Beispiel von Lesie (https://www.bookastreetartist.com), einem der wenigen Künstler, dessen Werke vorwiegend in Schwarz-Weiß gehalten sind. 

Oder von  HNRX (https://www.hnrx.at), dessen Markenzeichen Darstellungen von Speisen sind. Gerne Würste, aber auch Pizza.

 

HRNX Graffiti Werksviertel

Graffiti am Werk 9

Die Meisterwerke am Werk 9

Meine Favoriten sind die Murals am Werk 9 in der Speicherstraße, gleich bei den Containern, in denen die Bauarbeiter wohnen. Die Baustelle rückt immer näher an das Gebäude ran. Deshalb musst du dir den Weg dahin etwas suchen. 

Die Graffiti sind im Herbst 2020 beim Festival Hands off the Wall entstanden (https://www.handsoffthewall.com/).

Frauen an die Spraydosen!

Auf der Rückseite der Halle, gegenüber von den Containern, waren nur Frauen am Werk. Für echte Frühlingsgefühle sorgt bei mir Beastiestylez (http://www.beastiestylez.de) Sie hat eine bunte Blumenfrau auf die Wand gezaubert. Ihre Frauen mit den großen Augen sind aber nicht nur niedlich ... 

Beastiestyles Werksviertel

Chinagirl tyles

Mein Lieblingsspruch: „Bite the hand that does not feed you“ (Beiß die Hand, die Dich nicht füttert). Er stammt von Chinagirl Tile. (https://www.chinagirltile.com). Die ehemalige Studentin der Akademie der Bildenden Künste in Wien ist für ihre 3D-Kacheln bekannt. Am Werk 9 hat sie den Fuchs geschaffen. 

 

Vergängliche Street Art 

Oft werden Murals übermalt oder verschwinden komplett. Zum Beispiel, weil die Wand geputzt, weiß getüncht oder abgerissen wird. Street-Art ist eben vergänglich.. Auch im Werksviertel wird kaum etwas bleiben, wie es derzeit ist. 

Eines meiner liebsten Bilder ist schon der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Von Matthias Mross stammte das Bild mit den Hühnern. Zu sehen waren die lebensechten Viecher gleich neben dem Werk 9. Jetzt ist da nichts mehr. Mross ist spezialisiert auf realistische Malerei. Ein häufiges Motiv sind Hühner. Er ist Teil des Künstlerkollektivs Haus 75 in Laim. 

 

Werksviertel Matthias Mross

Matthias Mross Graffiti Werksviertel

Einfach treiben lassen und Buntes entdecken

Auf meinen Streifzügen komme ich oft kaum voran, weil ich hier ein Graffito fotografieren muss und dort ein Kunstwerk genauer ansehe. Wände, Kamine, Müllhäuser – hier ist die Kunst überall zu Hause. Und auch der Kater von Matthias Mross. 

 

Ausklang im Container-Collective.

Ein Perfekter Ausklang des Baustellen-Bummels ist ein Besuch des Container Collectives an der Atelierstraße. Hier kannst Du bei schönem Wetter auf einer der Bänke die Sonne und die Stimmung genießen. Und es kommen bestimmt wieder Zeiten, in denen man sich in einem der Lokale niederlassen und das Treiben in der kreativen Container-Burg beobachten kann. Aber auch dieses ist eine Zwischennutzung und ebenfalls endlich!

Also, Foto einpacken und nichts wie los! Mach dich schnell auf den Weg ins Werksviertel und in die wunderbare Welt der Street-Art.

 

Container Kaffee Werksviertel

graffiti Künstler vor Wand

Und noch ein paar Infos:
Riesenrad Umadum: Zurzeit geschlossen.

Hier gibt es Infos über das Werkviertel. Auf der wirklich super gemachten Internet-Seite findest du einen Geländeplan  und viele andere Infos.

Street-Art-Führung: Unter dem Motto „O’sprüht is“ bieten meine Kolleg*innen von STATTreisen einen Rundgang zur Street-Art an. In diesem Jahr aber leider nur für Gruppen. 

Hin und weg: Mit allen S-Bahnen bis / ab Ostbahnhof. Ausgang Richtung Friedenstraße nehmen und rechts bis zur Atelierstraße. 

Alle Fotos in diesem Blog stammen von Petra Wucher.

 

Ich bin  Übersetzerin und Lektorin. Da raucht mir oft der Kopf. Am besten verzieht sich der Qualm auf meinen Touren, die ich für STATTreisen München anbiete. Bis das wieder geht, muss ich wohl alleine durch das Freilichtmuseum München streifen. 

Petra Wucher