Die Messestadt: Von der Riem-Reibe zum Buga-See

18. Mai 2021

Von Petra Wucher


Die Messestadt mit dem Riemer Park und dem Buga-See auf dem ehemaligen Münchner Flughafengelände habe ich in letzter Zeit wieder neu für mich entdeckt. Einer meiner Lieblingsorte ist der Platz der Menschenrechte mit der Florians- und die Sophienkirche – und der Park, in dem es so einiges zu entdecken gibt … 
 
Fast 20 Jahre ist es her, dass ich für das Stattreisen-Buch „Spaziergänge in die Vergangenheit Münchens“ (Verlag Ars Vivendi) einen Beitrag über die Messestadt Riem geschrieben habe. Das war noch vor der Bundesgartenschau, die 2005 im Riemer Park stattfand. Damals waren erst einige wenige Häuser fertiggestellt. Nur eine Handvoll Menschen wohnte hier zwischen Baggern, Kränen und Baugruben. Der Wind wehte mir auf meinen Streifzügen schmerzhaft Staub in die Augen. Inzwischen leben in der Messestadt rund 16.000 Menschen. 

Messestadt Riem Stadtführung Stattreisen

Die viel diskutierte „Riem-Reibe“ 
Anfangs gab es im dem Wohnviertel ein extra Kunstprojekt, das auf zehn Jahre ausgelegt war. Die Kunst sollte den Menschen die Identifizierung mit der neuen Heimat erleichtern und Stadtmarken schaffen. Leider wurde das Projekt schon nach wenigen Jahren eingestellt. 
Eines der ersten und der wenigen verbliebenen Kunstwerke dieses Projekts stammt von Olaf Metzel und trägt den Namen „Nicht mit uns“. Mit diesem Satz beendete Willy Brandt oft seine Fernsehsendung „Wo uns der Schuh drückt“. Metzels Werk war heftig umstritten, als es im Jahr 2000 am U-Bahn-Aufgang aufgestellt wurde. Es sorgte für „Reibung“, und so entstand der Spitzname Riem-Reibe. Zumal das Werk auch noch aussieht wie eine Käsereibe. Die Materialen – Bleich, Metall, Beton – sind Sinnbild für die Baustelle und das Entstehen der Messestadt. 

Vom Flughafen zum neuen Stadtviertel
Das Projekt Messestadt startete so richtig durch, nachdem der Flughafen 1992 Riem verlassen hatte. Eine spektakuläre Aktion: Innerhalb von 16 Stunden ist der komplette Betrieb vom 16. auf den 17. Mai 1992 ins Erdinger Moos umgezogen. Da waren die Planungen für die Nachnutzung des 560 Hektar großen Geländes schon längst im Gange. Neben einem Gewerbegebiet und der neuen Messe München entstand hier ein Wohnquartier, das eine bunte Mischung aus sozialem, genossenschaftlichem und frei finanziertem Wohnungsbau ist. 
Zwei ganz besondere Kirchen am Platz der Menschenrechte 
Den Kern des Viertels bildet der Platz der Menschenrechte mit dem ökumenischen Kirchenzentrum gleich bei den Riem-Arkaden. Auf dem beschaulichen Platz mit dem freistehenden Kirchturm spenden Kiefern lichten Schatten, und es gibt einige Sitzgelegenheiten zum Verweilen. Hier steht ein weiteres Kunstwerk – es stellt eine gedeckte Tafel dar. In die Teller der 30 Gedecke sind die Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte graviert. 
Das ökumenische Kirchenzentrum hat der Münchner Architekt Florian Nagler entworfen. Die evangelische Sophienkirche ist überwiegend in Weiß gehalten. Zu dieser Schlichtheit bildet das Kreuz einen bunten und heiteren Kontrast. 

Sofienkirche Messestadt Stattreisen Stadtführung

Sankt Florian Stadtführung Stattreisen Riem

 

 

 

Der katholischen Kirche Sankt Florian hat der Architekt die Form eines Kreuzes gegeben. Verschiedene Glasfenster schließen die vier Enden der Kreuzschenkel ab. Besonders beeindruckend ist das Fenster der Altarwand mit dem Titel „Die Auferstehung“ von Hella Santarossa. 

 

 

 

Bei all dem gelben Strahlen könnte man fast ein ganz besonderes Stück übersehen: eine Muttergottes im tiefblauen Kleid. Neben ihr steht Christus. Er hat die Gesichtszüge eines Erwachsenen, aber die Statur eines Kindes.

Marienfigur Riem Stadtführung Stattreisen

Messestadt Riem Grünanlage Stattreisen Stadtführung

 

 

Die Überreste des alten Flughafens
Gleich nach dem Kirchenzentrum, am Übergang zum Riemer Park, könnt ihr ein Relikt des alten Flughafens entdecken. „Abflug“ – diese Buchstaben standen einst über dem Zugang zur Abflughalle. Weitere Überbleibsel des Airports sind unter anderem der ehemalige Tower am Messesee, die Zuschauertribüne im Westen und ein Stück Landebahn im Osten des Parks. Mehr Infos dazu findet Ihr auf: https://flughafen-muenchen-riem.de/relikte/.

 

 

Pack die Badehose aus: der Riemer Park und der Buga-See
Entworfen hat den Landschaftsgarten der Franzose Gilles Vexlard. Das war noch bevor München den Zuschlag für die Buga 2005 erhielt und der Park im Münchner Osten Schauplatz der Blumenschau wurde. 
 

Vexlard Grünanlage Messestadt Stadtführung Stattreisen

Bugasee Stadtführung Stattreisen

 

Vexlard hat die Grünanlage sehr geradlinig gestaltet – und betonte dieses Konzept mit der fast zwei Kilometer langen, von einer niedrigen Mauer gesäumten Parkterrasse. Nach anfänglicher Skepsis erfreut sich der Park mit dem Buga-See, Rodelhügeln und Skater- und Sportanlagen heute großer Beliebtheit. Besonders am türkisblauen Badesee herrscht stets reges Treiben. Für Erfrischung nach dem Spaziergang sorgt ein Sprung ins Wasser. Oder der Kiosk mit Eis und Getränken. Das ist doch ein wunderbarer Abschluss der Tour durch den unbekannten Münchner Osten. 

 

Tipps für die Anreise: 
-    Mit dem Bus 190 (Haltestelle Friedenstraße hinter dem Ostbahnhof) bis zur Messestadt West. Er fährt durch Gegenden, in die man nicht alle Tag kommt.
-    Mit dem Fahrrad: Der ausgeschilderten Radlroute Trudering – Messestadt – Riem folgen Link: https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/baureferat/freizeit-sport-natur/radlnetz/routen.html

 

Zum Nachlesen:  
-    „Take off“: Die Stadteilzeitung gibt es bereits seit dem Jahr 2000. Link: https://unsere-messestadt.de/portfolio-item/take-off-stadtteilzeitung/

 

 

 

 

Petra Wucher Stadtführungen Stattreisen

Ich bin Übersetzerin und Lektorin. Da raucht mir oft der Kopf. Am besten verzieht sich der Qualm auf den Touren, die ich für STATTreisen München anbiete. Bis das wieder geht, muss ich wohl alleine durch das München streifen.